ZB Behinderung & Beruf 2/2019

ZB 2 I 2019 diese Hilfe im Sinne des Gesetzes „not- wendig“? Die Antwort weiß Gerhard Zorn vom Inklusionsamt beim Land- schaftsverband Rheinland (LVR) in Köln. Er hat zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus dem ganzen Bundesgebiet die BIH Empfehlungen zur Arbeitsassis- tenz überarbeitet (siehe Info-Box und Interview). „Notwendig ist eineArbeitsas- sistenz dann, wenn ich als schwerbehin- derter Mensch ohne die persönliche Assistenz keineMöglichkeit habe, meine arbeitsvertraglichen Aufgaben zu erfül- len“, so Gerhard Zorn. Vorrang anderer Hilfen Oftmals lassen sich körperliche Einschränkungen auch auf anderem Weg ausgleichen. Eine wichtige Rolle spielen hierbei sogenann- te assistive Technologien, also hoch ent- wickelte technische Systeme, die Men- schen bei unterschiedlichen Tätigkeiten unterstützen. Einige sind schon heute im Einsatz, wie Vorlesesoftware für blinde Personen oder die Augen- und Sprach- steuerung von Computern fürMenschen mit extremen Bewegungseinschränkun- gen. Andere vielversprechendeTechnolo- gien werden derzeit entwickelt, zum Beispiel virtuelle Figuren – sogenannte Avatare, die Schrift in Gebärden überset- zen und umgekehrt. Neben technischen Arbeitshilfen kann auch die behinderungsgerechte Gestal- tung des Arbeitsplatzes und der Arbeits- bedingungenviel bewirken. Ziel ist immer, dass der schwerbehinderte Mensch an seinemArbeitsplatzmöglichst ohne frem- de Hilfe zurechtkommt. Zumindest kann der Bedarf an Arbeitsassistenz in vielen Fällen verringert werden. Gleichzeitig gewinnt die schwerbehinderte Person dadurch an Selbstständigkeit. Wird den- nocheineAssistenzkraft benötigt,werden die Kosten vom Integrationsamt bezahlt. So eigenständigwiemöglich Der Techni- sche Beratungsdienst des Integrations- amtes berät nicht nur über alternative Hilfen. Gemeinsam mit dem schwerbe- hindertenMenschen und dessen Arbeit- geber klären die Mitarbeiter vor Ort, wie hoch der Bedarf an Arbeitsassistenz tatsächlich ist undwie sie sinnvoll einge- setzt werden kann. „Was ich selbst tun kann, das tue ich auch selbst“, betont Jessica Trommer. Sie will sich schließlich nicht überflüssig machen. Dafür hängt die aktive junge Frau viel zu sehr an ihrer Arbeit. ■ SCHWERPUNKT 11 BIH Empfehlungen zur Arbeitsassistenz Die Integrationsämter fördern Arbeitsassistenz nach gemeinsamen Standards – den BIH Empfehlungen. Sie regeln damit beispielsweise die Feststellung des Bedarfs, die einheit­ liche Vergütung einer Assistenzkraft und die Nachweispflicht für Assistenz- nehmer. Die BIH-Empfehlungen wurden 2018 umfassend überarbei- tet (siehe Interview) und stehen im Internet zur Verfügung: www.integrationsaemter.de /bih-emp- fehlungen Interview Drei Fragen zur Arbeitsassistenz ... ... beantwortet von Gerhard Zorn, Abteilungsleiter beim LVR-Inklusionsamt in Köln Foto: LVR/Alexandra Kaschirina ZB An wen kann ichmich wenden, wenn ich Leistungen zur Arbeitsassistenz bean- tragen möchte? Gerhard Zorn Beim Integrationsamt sind Sie auf jeden Fall richtig. Inder Regel zahlt in den ersten drei Jahren nach einer Ein- stellung zwar die Bundesagentur für Arbeit, aber dieBeratungundBewilligung einer Arbeitsassistenz laufen immer über das Integrationsamt. ZB Die Sachbearbeiter orientieren sich an denBIHEmpfehlungen. Diesewurden vor Kurzem überarbeitet. Was ist neu? Zorn Wir haben uns insgesamt ummehr Klarheit und Eindeutigkeit bemüht – zum Beispiel durch eine genauere Definition dessen, was Arbeitsassistenz ist. Natür- lich flossen auch aktuelle Gerichtsent- scheidungen in die neuen Empfehlungen ein: So ist die zeitliche Befristung einer Arbeitsassistenz auf die Hälfte der tägli- chen Arbeitszeit entfallen. Es kommt entscheidend darauf an, in welchem Umfang die Assistenz notwendig ist. Jetzt wurde zum Beispiel klargestellt, dass auchmehrere Tätigkeiten in Teilzeit mit jeweils 15Wochenstunden förderfä- hig sind. Bei der Frage, wie die Assistenz konkret organisiert wird, ist aus Sicht der BIH auch auf die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit imUmgangmit denMitteln zu achten. ZB Wie wird die Leistung erbracht? Zorn Die schwerbehinderten Menschen können sich mit diesem Geld ihre Arbeitsassistenz selbst beschaffen. Ent- weder sie stellen –wie beimArbeitgeber- modell –dieAssistenzkraft selbst einoder sie kaufen die Unterstützung bei einem Dienstleister. DieArbeitsassistenz ermög- licht ihnen ein hohes Maß an Selbstbe- stimmung. Sie leistet ohne Zweifel einen wichtigen Beitrag zur beruflichen Inklu- sion. Durchdie Arbeitsassistenz sind viele Berufe für schwerbehinderte Menschen möglich geworden, die früher undenkbar waren. ■

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