ZB Behinderung & Beruf 2/2019

ZB 2 I 2019 Foto: Andreas Arnold Sie ist der „Chef“: Jessica Trommer gibt Pascal Sauer Arbeitsanweisungen Foto: Andreas Arnold Praxisbeispiel Ein eingespieltes Team Jessica Trommer ist als Büroangestellte bei der Polizei tätig. Mit ihrem Assistenten Pascal Sauer geht ihr die Arbeit imwahrsten Sinne des Wortes leicht von der Hand. B eimPowerchair-Hockey* hält sie das Tor der deutschen Nationalmann- schaft sauber: Nicht nur ihr Elektro- Rollstuhl, auch Jessica Trommer selbst hat eineMenge Power. Wenngleichman ihr dies auf den ersten Blick nicht ansieht. Die 29-Jährige wirkt zart und zerbrech- lich. „Da geht es ganz schön zur Sache“, bestätigt Pascal Sauer, der alle ihre Spie- le anschaut. Seit fünf Monaten ist er JessicaTrommers Arbeitsassistent bei der Polizei in Rüsselsheim (Hessen). Die Chemie stimmt „Es hat von Anfang an gut gepasst“, findet die junge Büro- kauffrau. Pascal Sauer brachte nicht nur Erfahrung als Assistenzkraft mit, auch persönlich stimmte gleich die Chemie zwischen den beiden. Er ist 23, hat einen ähnlichen Beruf erlernt und lacht gerne – genau wie Jessica Trommer. Mit ihrer unverkrampften Art hatte sie schon bei den Kollegen schnell das Eis gebrochen, als sie 2013 in der Polizeidirektion anfing. Arbeitsteilung Jessica Trommer arbeitet mit einer Kollegin im Vorzimmer der Direktionsleitung, 40StundendieWoche. Seit einem halben Jahr kommt Pascal Sauer, um ihr für dreieinhalb Stunden am Vormittag zu assistieren. Inzwischen sind die beiden ein eingespieltes Team. Der Assistent kopiert, entfernt Heftklam- mern, holt Büromaterial, transportiert Akten ... „Alles andere mache ich selbst“, stellt Jessica Trommer klar. Als „Allroun- der“, wie sie sich selbst bezeichnet, hat sie vielerlei Aufgaben. ZumBeispiel Straf- anzeigen in den Computer eingeben, telefonische Anfragen beantworten oder Urlaubsanträge verwalten. Polizeipräsidiumzeigt Entgegenkommen Dankder barrierefreienArbeitsumgebung ist Jessica Trommer weitgehend mobil. Aufzüge, elektrische Türöffner und eine Behindertentoilettemachen ihr das Leben leichter. Als sie einen Arbeitsassistenten benötigte, zeigte ihr Arbeitgeber – das PolizeipräsidiumSüdhessen– erneut Ent- gegenkommen. Als betriebsfremde Per- sonmit Zugang zuvertraulichen Informa- tionen wurde Pascal Sauer vor seinem Einsatz jedoch genau überprüft. Ungewohnte Arbeitgeberpflichten Mit seiner Einstellung als Assistenzkraft wurde JessicaTrommer selbst zur Arbeit- geberin–mit allen Pflichten. Angefangen bei der Beantragung einer Betriebsnum- mer über die Anmeldung ihresMitarbei- ters bei der Kranken- undUnfallversiche- rung bis hin zur Lohnbuchhaltung. Viel Arbeit, wenn man es selbst machen muss. Jessica Trommer hat deshalb das Zentrum für selbstbestimmtes Leben (ZSL) in Bad Kreuznach damit beauftragt. Den Lohn für Pascal Sauer, inklusive der Sozialversicherungsbeiträge, finanziert das LWV Hessen Integrationsamt. Die Verwendung des Geldesmuss die behin- derte junge Frau nachweisen. Bei der Antragstellung war ihr Konrad Schleiß- mann vom Integrationsfachdienst (IFD) in Groß-Gerau behilflich. Inzwischen schaut er nur noch sporadisch vorbei. „Es ist immer ein positives Zeichen, wenn es ohne uns läuft“, so der IFD-Berater. ■ * Hockey-Spiel mit dem Elektro-Rollstuhl SCHWERPUNKT 12

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