ZB Behinderung & Beruf 3/2019

INTERVIEW 6 ZB 3 I 2019 Foto: Paul Esser Dr. Natalie Waldenburger: „Die Umsetzung bereits vorhandener Lösungsansätze, wie eine verbesserte Zusammenarbeit der Leistungsträger, dauert einfach zu lange.“ SGB IX 4.0 Arbeiten, wo und wie man möchte Das Ziel ist klar: Es heißt Inklusion in Arbeit. Aber was bedeutet das eigentlich? Und wie kommen wir dahin? Fragen an die Juristin Dr. Natalie Waldenburger und die Reha-Wissenschaftlerin Dr. Susanne Bartel. Dr. NatalieWaldenburger Dr. Natalie Waldenburger (31) hat Rechtswissenschaften studiert. Im Auftrag des LVR-Inklusionsamtes forschte sie über das Budget für Arbeit. Heute ist sie als Richterin am Sozialgericht in Gelsenkirchen tätig. I n diesem Jahr feierten die Hauptfür- sorgestellen – die Vorläufer der Inte- grationsämter – ihren 100. Geburtstag. Mit ihrer Gründung nahm die berufli- che Eingliederung von Menschen mit Behinderungen ihren Anfang. Seit 2001 umfasst das Sozialgesetzbuch (SGB) IX alle gesetzlichen Regelungen zur Reha- bilitation undTeilhabe behinderterMen- schen. Mit dem Bundesteilhabegesetz wurde es vor drei Jahren reformiert und dieUN-Behindertenrechtskonventionmit ihrem Leitbild der Inklusion in nationales Recht umgesetzt. Doch wie geht es nun weiter? Über die Zukunft des SGB IX haben wir mit zwei Fachfrauen gesprochen. ZB FrauDr. Bartel, FrauDr.Waldenburger, wir laden Sie ein, mit uns gedanklich in die Zukunft zu reisen. Wie kann inklusive Arbeit in der Zukunft aussehen? Was muss Ihrer Ansicht nach für eine flächen- deckende Inklusion in der Arbeitswelt getan werden? Dr. NatalieWaldenburger Mit diesen Fra- gen beschäftigen sich Fachexpertinnen und Fachexperten schon seit Langem. Die Umsetzung von Lösungsansätzen, wie eine verbesserte Zusammenarbeit der Leistungsträger, dauert einfach zu lange. Dabei ist geradedieser Punkt unerlässlich. Es ist wichtig, die Abläufe zu vereinfa- chen und unbürokratischer zu gestalten. Momentan erhalten Arbeitgeber und Beschäftigte mit Behinderungen je nach Situation Leistungen von verschiedenen Kostenträgern. Da für viele nicht klar ist, welcherTräger für sie zuständig ist, wären für beide Parteien ein einheitliches trä- gerübergreifendes Antragsverfahren und die unbürokratischere und kurzfristigere Bereitstellung von Leistungen eine große Erleichterung. Daswäre eineHürdeweni- ger, die genommenwerdenmuss, umdie Inklusion in die Arbeitswelt zu tragen. BÜROKRATIE ABBAUEN ZB Inklusion beginnt in der Schule und muss im Arbeitsleben weitergehen. Wie kann das gelingen? Dr. Susanne Bartel Die Akzeptanz bei den Arbeitgebern muss erhöht werden. Zum Beispiel durch zeitgemäße Dialogforma- te und die gemeinsame Evaluation von Projekten. Ebenso können Best-Practice- Beispieledazubeitragen,mehr Unterneh- men für Inklusion zu gewinnen, weil sie drängende Problemewie den Fachkräfte- mangel aufgreifen und konkrete Lösun- gen anbieten. Darüber hinaus bedarf es niederschwelliger Beratungs- undUnter- stützungsmöglichkeiten, um Inklusion im Betriebnochbesser zu ermöglichen. Es ist wichtig, dass Arbeitgeber einen verlässli- chen und erreichbaren Ansprechpartner haben, der in Krisensituationen schnell reagieren kann. Insgesamt sollten die zahlreichen Vorteile der Inklusion den Arbeitgebern immer wieder aufgezeigt werden. Gleichzeitig ist es wichtig, auch die damit verbundenen möglichen Her- ausforderungen für alle Akteure vertrau- ensvoll zu thematisierenund gemeinsam Lösungen zu finden. ZB Frau Dr. Waldenburger, Ihr Spezialge- biet ist der Übergang von der Werkstatt

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