ZB Behinderung & Beruf 4/2019

12 ZB 4 I 2019 Foto: Hartwig Heuermann SCHWERPUNKT Foto: Hartwig Heuermann Personalleiterin Ruth Marx und Sebastian Pieper: „Ich wusste schnell, mit ihm würde es funktionieren. Er gehört einfach zu uns.“ Praxisbeispiel Eine feste Größe im Team Sebastian Pieper ist geistig behindert und arbeitet seit drei Jahren in Vollzeit als Produktionshelfer bei der Firma MEM Maschinenbau GmbH. Eine Erfolgsstory. S elbstbewusst steht der 25-jährige großeMann an der Gleitschleifanlage und schaut unbefangen in die Kamera. „Die Bestückung dieser Maschine mit Metallkleinteilen und ihre Bedienung liegen neben vielen anderen Tätigkeiten ganz alleine in der Verantwortung von Sebastian“, erklärt Personalleiterin Ruth Marx. Als der geistig behinderte junge Mann 2015 in ihrem Unternehmen sein erstes Praktikum absolvierte, war ihr schnell klar: „Ihm würde ich gerne eine Chance geben, das wird funktionieren.“ Seit 2016 arbeitet Sebastian Pieper nun beiMEMMaschinenbauGmbH inAhaus- Ottenstein in Festanstellung. Vollzeit. Unbefristet. „Wir sindwirklich sehr glück- lich, dass wir ihn haben. Er ist voll integ- riert, sehr pflicht- und verantwortungs- bewusst“, betont Ruth Marx, die außer Sebastian Pieper noch zwei weitereMen- schen mit Behinderungen beschäftigt. „Für mich ist Inklusion eine Herzensan- gelegenheit. Ich will aber nicht ver- schweigen, dass es auch Probleme geben kann und man sich wieder von einem behinderten Mitarbeiter trennen muss. Das war bei Sebastians Vorgänger der Fall. Viele Arbeitgeber haben ja die Befürchtung, dass das wegen eines sehr strengen Kündigungsschutzes gar nicht möglich sei. Das stimmt aber nicht.“ Arbeitgeber werden unterstützt Egal welche Probleme oder Fragen auftreten, Ruth Marx kann sich auf die Beratung und Unterstützung von Michael Krieter vom LWL-Inklusionsamt Arbeit in Müns- ter und Petra Mönstermann vom Integ- rationsfachdienst Borken-Coesfeld ver- lassen. „Die Zusammenarbeit ist sehr gut. Ich fühle mich bestens beraten und kann sie immer kontaktieren. Natürlich auch, wenn es um Fördermöglichkeiten und Zuschüsse geht.“ So hat die Agentur für Arbeit die ersten zwölf Monate von Sebastian Piepers Beschäftigung mit einemEingliederungszuschuss gefördert. Danach erhielt der Betrieb finanzielle Leistungen vom LWL-Inklusionsamt Arbeit. Dazu Michael Krieter: „Lohnkos- ten können bis zu 75 Prozent bezu- schusst werden. Allerdings wird immer der Einzelfall geprüft.“ Immermehr Aufgabengebiete Nachdem Besuch der Förderschule geistige Ent- wicklung, der Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) und mehrerer Praktika bekam Sebastian Pieper über Petra Mönster- mann Kontakt zu MEM. Sie kannte ihn bereits und „das geforderte Tätigkeits- profil schien mir gut zu ihm zu passen.“ Durch die WfbM wurde ein Praktikum vereinbart und anschließend ein Außen- arbeitsplatz eingerichtet, bevor er letzt- endlich in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen wurde. „Wir wollten über einen längeren Zeitraum die möglichen Einsatzbereiche für Sebastian Pieper tes- ten und festigen.“ Aufgrund seiner Sprachentwicklungsstörung war der junge Mann am Anfang eher zurückhal- tend. Davon ist nun nichts mehr zu spüren. Seine Aufgabengebiete werden permanent erweitert, auch wenn er wegen seiner Behinderung keine allzu komplexenAufgaben übernehmen kann. „Er braucht feste Ansprechpartner und klare, einfache, wiederkehrende und gleichbleibende Aufgaben“, so Ruth Marx. „Darauf nehmenwir aber wirklich gerne Rücksicht. Er ist mittlerweile eine feste Größe in unserem Betrieb und gehört einfach zu uns.“ ■

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